EUDR praxistauglich umsetzen und Möglichkeiten der Vereinfachung nutzen
13.11.2024
Am 2. Oktober hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die Umsetzungsfrist für die Entwaldungsverordnung (EUDR) um 12 Monate zu verlängern. Vorbehaltlich der Zustimmung durch den Rat und das EU-Parlament würde der Anwendungsbeginn der EUDR auf den 30. Dezember 2025 verschoben werden. Zudem veröffentlichte die Kommission – mit monatelanger Verspätung – Leitlinien zur Umsetzung der EUDR und aktualisierte FAQs. Erst jetzt, fast anderthalb Jahre nach Inkrafttreten der EUDR, ist es möglich, den gesamten Umsetzungsaufwand dieses Rechtsakts abzuschätzen.
Die Interessenverbände der Holzindustrie aus Österreich, Kroatien, Tschechien, Ungarn, Polen, der Slowakei und Slowenien unterstützen das Ziel der EUDR, die weltweite Entwaldung und Waldschädigung zu stoppen. Die EUDR ist aber weder eine gelungene Rechtsvorschrift noch das richtige Mittel dafür. Um eine praxistaugliche und möglichst bürokratiearme Umsetzung der EUDR zu gewährleisten sowie wirksamere Alternativen gegen die weltweite Entwaldung zu nutzen, fordern die Verbände:
Unnötige Bürokratie in der Umsetzung beseitigen
Die EUDR in ihrer jetzigen Form verlangt von den Marktteilnehmern viele detaillierte Informationen, was ohne Mehrwert zu einer absurden Komplexität und in den Unternehmen zu großen bürokratischen Belastungen führt. Das Anliegen der EUDR kann auch mit weniger Aufwand erreicht werden, indem man den Fokus auf die tatsächlichen Problemregionen richtet.
Daher wird vorgeschlagen:
- Einführung einer zusätzlichen Risikokategorie „insignificant risk“ für Länder, die nachweisen können, dass das Entwaldungsrisiko de facto nicht besteht. Das kann zu erheblichen Vereinfachungen für Marktteilnehmer führen. Anstatt der bisher vorgesehenen Informationsverpflichtungen sind für Unternehmen in Ländern mit „insignificant risk“ nur mehr Dokumentationspflichten (wie jetzt in der EU Timber Regulation, EUTR) zu erfüllen.
- Die Dokumentationspflicht der EUTR ist bereits wirksam und erprobt;
- weniger Details an Produktinformationen wie Holzart und lateinischen Namen. Die bereits bestehenden
Zolltarifnummern (HS-Code) sind für die EUDR ausreichend; undeine Bagatellgrenze für Kleinstmengen an Rohstoffen (z. B. Einzelbäume und Erntemengen bis 30 fm).
Fokus auf Erstinverkehrbringung
Das Ziel der EUDR ist zu verhindern, dass Rohstoffe und Produkte aus Entwaldung in den EU-Binnenmarkt gelangen. Dafür ist eine aufwe ndige Dokumentation entlang der gesamten Produktion in Europa nicht notwendig. Zielführend und verhältnismäßig ist die Herkunftsdokumentation bei der Holzübergabe zwischen Forstwirtschaft und holzverarbeitenden Unternehmen oder Holzhandel. Dazu kann die EUDR Mindestanforderungen an Sorgfaltspflichtregelungen (Due Diligence System – DDS) formulieren, auf deren Basis bereits bestehende Systeme der Branche anerkannt werden können.
Fokus auf „high-risk countries“ und zielgerichtete Kontrollen anstatt Generalverdacht
Großflächige Entwaldung findet außerhalb Europas statt. In Europa hat die Waldfläche seit 1990 um 14 Mio. Hektar zugenommen. Dennoch wären die Marktteilnehmer gemäß EUDR verpflichtet nachzuweisen, dass in ihren Lieferketten keine Entwaldung stattfindet. Um die Einfuhr von Rohstoffen und Produkten im Zusammenhang mit Entwaldung zielgerichtet zu verhindern, sollten die Kommission und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Risiken der Entwaldung bewerten. Darauf aufbauend können Schwerpunkte zu bestimmten Produkten und geografischen Gebieten sowie Unternehmen gesetzt werden und weitere Untersuchungen folgen. Stellen die zuständigen Behörden fest, dass Entwaldung vorliegt, können Inverkehrbringen und Handel zielgerichtet verboten werden. Auf eine risikoorientierte Regulierung anstatt einer pauschalen Gesamtüberwachung setzt die EU auch bei anderen Rechtsakten, etwa der EU-Zwangsarbeitsverordnung.
Verpflichtende Regelungen in Handelsabkommen mit Drittstaaten
Die Europäische Kommission verfügt über die exklusive Zuständigkeit für Handelsabkommen. Auf dieser Ebene sind Vereinbarungen mit Drittstaaten zu treffen, um Umweltstandards zu setzen und zu fördern. Das ist der richtige Weg, um politische Ziele zu erreichen, anstatt politische Ziele über die Androhung von Strafen auf die Ebene der privatrechtlichen Wirtschaft abzuwälzen.
Internationales Engagement für Hilfe zur Selbsthilfe
Innerhalb der Europäischen Unionen gibt es viele Organisationen mit umfangreicher Expertise in Sachen nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Die EU sollte einen Know-how-Transfer in jene Länder, in denen Entwaldung stattfindet, fördern und Projekte unterstützen, damit die Wälder vor Ort eine dauerhafte Einkommensquelle werden. Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Wald verdienen, haben ein Interesse, ihren Wald auch zu erhalten. Die Erfahrungen in Europa haben gezeigt, dass eine verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung für eine nachhaltige Nutzung über Generationen hinweg und für die langfristige Erhaltung der Wälder unerlässlich ist. Durch die Anwendung bewährter Praktiken der Waldbewirtschaftung haben die europäischen Länder gezeigt, wie eine ausgewogene und verantwortungsvolle Bewirtschaftung Ökosysteme, biologische Vielfalt und Waldressourcen für künftige Generationen schützt.
Hintergrund
Die EU-Entwaldungsverordnung, kurz EUDR, trat am 29. Juni 2023 in Kraft. Sie sollte ursprünglich ab dem 30. Dezember 2024 angewandt werden. Die Verordnung zielt darauf ab, dass Produkte aus bestimmten Rohstoffen, etwa Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Gummi und Holz, die in die EU importiert oder aus der EU exportiert werden, ohne Entwaldung oder Waldschädigung hergestellt wurden. Um dies nachzuweisen, müssen die Unternehmen eine Sorgfaltspflichtregelung umsetzen. Dazu sind Informationen über den Ursprung von Vorprodukten und Rohstoffen zu sammeln und Risiken zu bewerten sowie zu minimieren. Diese Daten sind in einem Informationssystem zu erfassen.