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D-A-CH Position: Green Deal 2.0 mit Holz

Europa befindet sich im Umbruch. Krisen und Kriege in vielen Teilen der Welt, wirtschaftliche Herausforderungen und gesellschaftliche Spannungen stellen die Wahlen zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024 unter besondere Vorzeichen. Auch der Klimawandel schreitet weiter voran und macht die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft zur drängenden Zukunftsaufgabe für die kommenden Jahre.

Die künftige Ausrichtung der europäischen Klimaschutz-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik birgt dabei Chancen und Risiken für Wald und Holz. Ziel muss sein, die Potenziale der nachhaltigen Holzverwendung für eine Verbindung von Klimaschutz und Wertschöpfung, für klimafreundlichen Wohnraum und die Bioökonomie zu stärken sowie Arbeitsplatz zu sichern und neue zu schaffen.

Die Verbände der Säge- und Holzindustrie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz positionieren sich zur EU-Wahl und fordern die Weichen für eine Zeitenwende mit Holz zu stellen.

  • Neuauflage des Green Deals mit Holz im Mittelpunkt
    Als zentralen Pfad Richtung Klimaneutralität bis 2050 hat die Europäische Union den Green Deal auf den Weg gebracht. Während damit der Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft einhergehen soll, droht die aktuelle Ausrichtung bewährte, klimafreundliche und regionale Wertschöpfungsketten auf Basis nachwachsender Rohstoffe deutlich zu schwächen. Vor diesem Hintergrund fordern die Verbände eine Neuauflage des Green Deals, die die nachhaltige Nutzung des heimischen und nachwachsenden Rohstoffs Holz in den Mittelpunkt rückt. Vor allem im Gebäudebereich kann Holz im Rahmen der Renovierungswelle dazu beitragen, klimafreundlichen Wohnraum zu schaffen und zu erhalten sowie Treibhausgasemissionen während Bau und Nutzung maßgeblich zu reduzieren. Als natürlicher CO2-Speicher erweitert Holz dabei die natürlichen Kohlenstoffkreisläufe im Wald um eine CO2-Senke in der bebauten Umwelt. In den Dörfern und Städten entsteht ein „zweiter Wald“. Mit dieser Maximierung der Klimaschutzeffekte von Wald und Holz gehen zielgerichtete Impulse für eine europäische Bioökonomie einher, die ein nachhaltiges und langfristiges Wachstum ermöglichen.

  • Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR)
    Der Aufbau bürokratischer Hürden erschwert die Produktion und den Einsatz klimafreundlicher Produkte und damit die nachhaltige Transformation. Die Verbände unterstützen das Ziel, die weltweite Entwaldung einzudämmen, halten die Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) in ihrer derzeitigen Form jedoch nicht für das geeignete Mittel. Vor diesem Hintergrund und angesichts vieler offener Fragen zur technischen Umsetzung appellieren die Verbände an eine grundlegende Überarbeitung mit praxistauglichen Vorgaben und einer angemessenen Frist zur Umsetzung, um Verwerfungen entlang der Wertschöpfungskette Wald und Holz zu vermeiden.

  • Naturwiederherstellungsgesetz (NRL)
    Die Verbände begrüßen Maßnahmen, die die Natur schützen. Ein vitaler und wachsender Wald ist die wichtigste Grundlage für unsere Industrie. Die Anpassung der Wälder an die Folgen des Klimawandels, ihre aktive Bewirtschaftung und Pflege sowie die nachhaltige Holzverwendung sind zentrale Maßnahmen, um Klimaschutz und Biodiversität für die Zukunft zu sichern. Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur geht jedoch vom Grundsatz aus, dass sich die Natur erholt, wenn keine Nutzung mehr erfolgt. Die Verbände sehen daher Überarbeitungsbedarf für das Nature Restoration Law. Denn aktive Anpassungsmaßnahmen im Klimawandel dürfen nicht durch pauschale Nutzungsbeschränkungen verhindert werden. Gerade im Wald gehören Bewirtschaftung und Schutz als integratives Konzept zusammen.

    Das Ziel, mindestens 10 Prozent der Landfläche unter strengen Schutz zu stellen, ist grundlegend zu überdenken, da die Holzverfügbarkeit in der EU bei Umsetzung dieser Vorgabe um bis zu 48 Prozent sinken wird [1].Wirksamer Klimaschutz ist nur mit Holzverwendung zu erreichen. Dabei ist auch die sozioökonomische Bedeutung des Sektors und das Subsidiaritätsprinzip zu berücksichtigen, denn forstliche Bewirtschaftung ist Ländersache. 

  • Land Use, Land-Use Change and Forestry-Verordnung (LULUCF)
    Mit der Überarbeitung der LULUCF-Verordnung hat die EU-Kommission neue Zielvorgaben für den CO2-Abbau im Landnutzungssektor festgelegt. Die Anhebung soll maßgeblich zum Erreichen der Klimaziele bis 2030 und zur Klimaneutralität 2050 beitragen. Weitere kurzfristige CO2-Minderungen im Wald können jedoch nur realisiert werden, wenn CO2 in den Bäumen angereichert und die Bewirtschaftung und Nutzung eingestellt wird. Mit dem Plan der EU-Kommission, die Wäldern sich selbst zu überlassen, wird die nachhaltige Holzverwendung und damit der Klimaschutzeffekt durch die Substitution von fossilen Rohstoffen sowie energieintensiven Materialien deutlich geschwächt. Damit steht dieser Ansatz dem größtmöglichen Klimaschutzeffekt entgegen. Denn das Wachstum der Bäume ist endlich. Sie sterben ab und verrotten, der gebundene Kohlenstoff entweicht als CO2 in die Atmosphäre. Hingegen kann der bewirtschaftete und verjüngte Wald erneut CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und das in größeren Mengen als überalterte Bestände. Gleichzeitig sind verjüngte Wälder anpassungsfähiger an Klimaveränderungen und beständiger gegenüber den Folgen des Klimawandels.

  • Wirtschaftliche Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft in Europa [2]
    Die wirtschaftliche Bedeutung der Forst- und Holzwirtschaft wird oft erheblich unterschätzt. Das Wertschöpfungsnetzwerk Holz umfasst nicht nur den Rohstoff, sondern auch die weiterverarbeiteten Produkte und relevante Dienstleistungen. Es ist komplex und weitläufig. In 30 europäischen Staaten (EU27, Norwegen, Schweiz, Vereinigtes Königreich) beträgt die totale Bruttowertschöpfung, diese umfasst alle direkten, indirekten und induzierten Effekte, die auf die europäische Forst- und Holzwirtschaft zurückzuführen sind, rund 1100 Milliarden (1,1 Billionen) Euro. Dies entspricht ungefähr der Wirtschaftsleistung Spaniens oder einem Anteil von 7,1 Prozent an der gesamten Wirtschaftsleistung dieser 30 Länder. Die Branche sichert europaweit etwa 17,5 Millionen Arbeitsplätze. Dies entspricht circa der Einwohnerzahl der Niederlande. Mit jedem Arbeitsplatz in der Forst- und Holzwirtschaft werden weitere 1,2 Arbeitsplätze in anderen Sektoren geschaffen oder gesichert. 6 Prozent der Beschäftigten sind im Durchschnitt in den 30 europäischen Staaten unmittelbar oder mittelbar durch die die Forst- und Holzwirtschaft beschäftigt.

    Die vermehrte Verwendung von Holz aus den nachhaltig bewirtschafteten Wäldern Europas stärkt den Beitrag Europas zur Bekämpfung des Klimawandels und sichert die unabhängige Wertschöpfungskette der Holzwirtschaft in Europa. Die Verbände der Holzindustrien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz appellieren an die Institutionen der Europäischen Union und die Mitgliedsstaaten, die Rahmenbedingungen für die Verwendung von Holz jetzt zu optimieren. Die Verbände fordern ein klares Bekenntnis der Europäischen Union und der Regierungen der Mitgliedstaaten zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Alle bisherigen Green-Deal-Beschlüsse sollten überprüft und korrigiert werden, falls sie die Nutzung der nachwachsenden und nachhaltigen Ressource Holz unverhältnismäßig einschränken. Es braucht einen Green Deal, der eine zuverlässige und wirtschaftliche Rohstoffverfügbarkeit garantiert.

Der Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband e.V. (DeSH) vertritt die Interessen der deutschen Säge- und Holzindustrie auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Dabei steht der Verband seinen Mitgliedern, darunter mehr als 400 Unternehmen aus ganz Deutschland, in wirtschafts- und branchenpolitischen Angelegenheiten zur Seite und unterstützt die kontinuierliche Verbesserung der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen für die Verwendung des Rohstoffes Holz. Der Verband tritt in Dialog mit Vertretern aus Medien, Wirtschaft, Politik und Forschung. Bei der Umsetzung ihrer Ziele steht die Deutsche Säge- und Holzindustrie für eine umweltverträgliche und wertschöpfende Nutzung des Werkstoffs und Bioenergieträgers Holz.

Der Fachverband der Holzindustrie Österreichs vertritt die Interessen von fast 1.300 holzverarbeitenden Unternehmen in der Bauprodukt-, Möbel-, Platten-, Säge- und Skiindustrie sowie in weiteren holzverarbeitenden Betrieben wie der Palettenherstellung. Die Unternehmen der Holzindustrie stellen mit rund 27.400 Beschäftigten Produkte im Wert von 9,74 Milliarden Euro her und erwirtschaften einen Außenhandelsüberschuss von 1,5 Milliarden Euro. Innerhalb der Wertschöpfungskette Holz ist die Holzindustrie ein Schlüsselsektor und Ausgangspunkt für viele weitere Verwendungsmöglichkeiten für Holz. Entlang der Wertschöpfungskette Forst- und Holzwirtschaft sind mehr als 320.000 Menschen beschäftigt, besonders in den ländlichen Regionen.

Der Verband Holzindustrie Schweiz vertritt rund 200 kleine und mittlere Unternehmen mit total 2.500 Beschäftigten in der Säge- und Holzwerkstoffindustrie. In der Schweiz arbeiten rund 90.000 Personen in der ganzen Wald- und Holzwirtschaft. In den Sägewerken werden jährlich knapp 2 Millionen Festmeter Rundholz zu 1,2 Millionen m3 Schnittholz verarbeitet. Die Holzernte im Schweizer Wald betrug im vergangenen Jahr 5,2 Millionen Festmeter.

[1] Schier, F.; Iost, S.; Seintsch, B.; Weimar, H.; Dieter, M.: Assessment of Possible Production Leakage from Implementing the EU Biodiversity Strategy on Forest Product Markets. Forests 2022, 13, 1225. https://doi.org/10.3390/f13081225

[2] Econmove, Economica (2023) The economic impact of the forestry and wood industry in Europe in terms of bioeconomy, Vienna. https://www.holzindustrie.at/media/3613/ergebnispraesentation_final.pdf

Positionspapier Green Deal 2.0 mit Holz (PDF)